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© Finnland-Institut/Rebecca Suoranta

“I can’t go on. I will go on.”

Ville Andersson, geboren 1986 und aufgewachsen in Loviisa an der Südküste Finnlands, ist ein finnlandschwedischer Künstler. Ab März 2018 wird seine Soloausstellung I can’t go on. I will go on. am Finnland-Institut gezeigt. Zuvor war die Ausstellung Anfang 2018 in der Galerie Helsinki Contemporary zu sehen.

„Ich bin auf dem Lande aufgewachsen, wo normalerweise nicht viel los war. Wenn man wie ich ein neugieriger Typ ist und nicht so viel los ist, dann muss man seine Beschäftigungen eben selbst erfinden. Daher rührt meine Kreativität. Als ich klein war, musste ich mir selbst Sachen ausdenken. Meine Mutter ist Kunsterzieherin und wir hatten zu Hause viele Kunstbände, in denen ich blättern durfte. Das war für mich ein Mittel, meiner Kreativität Auslauf zu verschaffen: Ich konnte mich irgendwie in Situationen und Orte aus den Büchern einfühlen.“

Schon in seiner Jugend war Ville Andersson klar, dass er sich beruflich mit Kunst beschäftigen wollte. Sein erster Traumberuf war Kunstsammler, aber er bemerkte schnell, dass dies keine sonderlich realistische Berufswahl war. Stattdessen kam er auf einen anderen Plan: Er entschied sich, seine eigene Kunst zu schaffen. Er begriff allerdings erst viel später, dass daraus ein Beruf werden könnte. Alles geschah ziemlich organisch und ohne Vorbereitung, eins führte zum anderen, meint Andersson.

„Als Künstler nutze ich verschiedene Techniken und Medien und arbeite mit Fotografie, Zeichnungen, Gemälden, Installationen und Texten. Ich habe nicht nur Werke für Galerien gemacht, sondern auch beispielsweise für die finnische Post, Design für das Unternehmen Arabia sowie Grafik für ein Theaterstück, um nur einiges zu nennen.“

Neugier ist bei Ville Andersson ein wiederkehrender Begriff, wenn er von sich selbst und seiner Art zu arbeiten berichtet. Er betont, dass die Neugier im kreativen Prozess, den er in vier Phasen einteilt, eine zentrale Rolle einnimmt. In der ersten Phase sollte man offen für alles sein und seinem Interesse keine Grenzen setzen. In der zweiten Phase findet Andersson schrittweise Dinge, die ihn interessieren, und Schlüsselwörter. Dies alles nimmt in der dritten Phase Struktur an, z.B. bei einer Werkreihe für eine Galerie. Danach steht er in der Regel vor der praktischen Frage, wie die Arbeit umgesetzt werden kann, woher die Finanzierung kommt und wo das Projekt stattfinden soll. Und nach alledem gilt es einfach mit der Arbeit anzufangen.

„Alles, was mich innerlich berührt, inspiriert mich. Mich inspiriert auch meine eigene Neugier und alles, was mich neu denken lässt. Das erste Buch, das ich je gelesen habe, war Der Hund von Baskerville. Seitdem ist Sherlock Holmes eine meiner fiktiven Lieblingsfiguren, in der ich Inspiration gefunden habe. Ich arbeite sogar gern, genau wie Holmes, am Lösen von Problemen.“

Der Titel der Ausstellung I can’t go on. I will go on. stammt aus dem Roman The Unnamable – Der Namenlose von Samuel Beckett. Das Buch an sich besteht in einem Monolog einer unbekannten und namenlosen Person, deren Gedankengänge sich über 200 Seiten erstrecken und mit diesen Worten enden. Ville Andersson weist darauf hin, dass diese Sätze gut dazu passen, wie ein kreativer Prozess beginnt. „I can’t go on. I will go on.“ kann laut Andersson eine Spiegelung einer Umgebung sein, die gleichzeitig tragisch und komisch ist. Tragisch, weil sie dabei ist zu zerfallen – komisch, weil sie dann doch einfach weitergeht.

Die Ausstellung wurde nicht zuletzt auch durch Villes Reise nach New Mexico in den USA inspiriert. Dort strukturierte sich für ihn der der Zusammenhang der Werkreihe. Neben dem weißen Wüstensand lockte ihn der Gedanke der „Anwesenheit der Abwesenheit“ des Ortes, was in der Ausstellung auch deutlich hervortritt. In New Mexico befindet sich nämlich das Testgelände des Lincoln Near-Earth Asteroid Research, im Rahmen dessen Asteroiden beobachtet werden, die sich der Erde nähern. In der Region wurde auch der allererste Atombomben-Test durchgeführt. An diesem Ort sind sowohl die von Menschen verursachte Zerstörung und ein Bedarf an Schutz präsent, aber gleichzeitig herrscht dort eine gewisse Ruhe, meint Ville Andersson.

„Zu der Zeit interessierte ich mich sehr für Asteroiden, den Weltraum und Physik im Allgemeinen. Meine Neugier führt mich an neue Orte und öffnet meinen Sinn für neue Ideen, was ich sehr genieße. Dadurch kann ich mir dann Grundkenntnisse in verschiedenen Bereichen aneignen. Die menschliche Identität hört nie auf sich zu entwickeln und ich bewundere Menschen sehr, die trotz ihres Altes ihre Neugier beibehalten haben. Es ist beeindruckend, Menschen zu erleben, die gebildet und offen für verschiedene Gebiete sind.“

Neben der Soloausstellung am Finnland-Institut ist Ville im kommenden Frühjahr-Sommer auch mit weiteren Projekten beschäftigt. So gehört er u.a. zu den Künstlern im Programm The Watermill Center Artist-in-Residence.

„Zudem arbeite ich auch in einem Projekt zusammen mit den finnischen Organisationen Folkhälsan und Pro Artibus, wo wir Wohnungen für ältere Menschen planen. Meine Aufgabe besteht darin, eine Visualität zu gestalten, die den Bewohnern dabei hilft, sich im Haus zu orientieren, und die gleichzeitig einen künstlerischen Akzent setzt. Wir versuchen uns darum zu kümmern, dass Menschen mit Seh- oder Hörbehinderungen auch die Möglichkeit haben, Kunst zu genießen. Es ist wichtig, dass die Räumlichkeiten sowohl gemütlich als auch funktional sind. Für mich ist das eine Herausforderung, da man solche Faktoren bei der Planung einer Ausstellung in einer Galerie ja nicht zu berücksichtigen braucht.“

Ville Anderssons Ausstellung I can’t go on. I will go on. wird am 8. März 2018 im Finnland-Institut eröffnet und ist bis 20. Juni 2018 zu sehen.

 

Übersetzung aus dem Schwedischen: Maija Toivonen

 

Rebecca Suoranta war vom 21.8.2017 bis zum 13.7.2018 Volontärin am Finnland-Institut.

Rebecca Suoranta toimi Suomen Saksan-instituutissa harjoittelijana 21.8.2017-13.7.2018.

Rebecca Suoranta var praktikant vid Finlandsinstitutet 21.8.2017-13.7.2018.

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